Paul Gerhardt

Ab 1622 besuchte Paul Gerhardt die Lateinschule in Grimma im ehemaligen Augustinerkloster. Hier wurde er in den klassischen Sprachen, lutherischer Theologie und in Musik unterrichtet. Paul und sein Bruder Christian konnten die Fürstenschule in Grimma ohne Stipendium besuchen, was vermuten lässt, dass die Familie über ein gewisses Vermögen verfügte.

Die Unterbringung war asketisch. Der strenge Tagesablauf war bestimmt durch Andacht, Unterricht und Selbststudium. Heimfahrten gab es nur ein- bis zweimal jährlich für ein bis zwei Wochen. Um das Erlernen alter Sprachen und rhetorischer sowie poetischer Regeln zu erleichtern und den Gebrauch derselben zu üben, sollten die Schüler untereinander Latein sprechen.

Als Lehrbücher wurden die Bibel, Martin Luthers Katechismus und das „Compendium“ von Hutter verwendet. Damit die Schüler nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit dem Herzen den Glauben lernten, wurde durch die reiche musikalische Praxis im Unterricht, Gottesdienst und in der Andacht gefördert.

1628 begann der 21-jährige Paul Gerhardt ein Theologiestudium in Wittenberg, das er erst nach 14 Jahren abschließen konnte.

Hier lernte er solide lutherische Lehre: an der Bibel orientierte Dogmatik, d. h. die Auslegung der Heiligen Schrift und ihre in einem imponierenden Gedankengebäude zusammengefasste systematische Reflexion. Daneben studierte er bei dem angesehenen Professor für Poetik und Rhetorik August Buchner, einem Freund des Komponisten Heinrich Schütz, und kam mit dem wohl bedeutendsten Theoretiker der deutschen Poetik, Martin Opitz, in Kontakt.

Seinen Lebensunterhalt verdiente sich Paul Gerhardt als Hauslehrer, was auch die lange Studienzeit von etwa 14 Jahren erklärt.

Im Oktober 1640 kam es zu einem Großbrand in Wittenberg, zu dieser Zeit begann er, seine ersten Gedichte zu verfassen.

Im Jahre 1642 kam Paul Gerhardt nach Berlin und nahm dort eine acht Jahre andauernde Tätigkeit als Hauslehrer im Hause seines späteren Schwiegervaters, dem Kammergerichtsadvokaten Andreas Berthold Senior, auf.

Er unterrichtete u. a. Christian Fromm, den Sohn Joachim Fromms, seinerzeit Archidiakon an der Nikolaikirche zu Berlin. Anlässlich der zweiten Heirat Joachim Fromms mit einer Tochter des Kammergerichtsadvokaten im Jahr 1643 schrieb Paul Gerhardt ein Gedicht.

Im Jahre 1648 erschien die 3. Auflage der „Praxis Pietatis Melica“ (Neues Gesangbuch), darin 18 Lieder von Paul Gerhardt – Nr.1: „Wach auf, mein Herz und singe …“

Nach dem Tod von Caspar Göde, dem Probst an der Mittenwalder St. Moritz-Kirche, wurde dessen Stelle frei. In einem solchen Fall war es üblich, dass der 2. Pfarrer aufrückte. Aber der Rat von Mittenwalde überging bewusst den 2. Pfarrer Christian Alborn. Dieser hatte den Zinswucher der Stadtväter gerügt, er soll sogar von der Kanzel herab die Stadtväter angeprangert haben, und daher verhinderten Bürgermeister und Stadtväter seinen Aufstieg.

Die Stadt als Kirchenpatron war mitverantwortlich für die Besetzung der Pfarrstelle und bemühte sich beim Konsistorium in Berlin um eine Neubesetzung. Durch Empfehlung von Berliner Bekannten wurde Gerhardt auf die Stelle des Probstes in Mittenwalde berufen – in seine erste feste Anstellung. Zu seinen Aufgaben gehörten auch Inspektionsaufgaben (Superintendent), der Bezirk reichte von Königs Wusterhausen bis nach Teupitz. Durch den Dreißigjährigen Krieg war die Stadt Mittenwalde 1645 auf ein Viertel der Einwohnerschaft geschrumpft. In den 1650er-Jahren zählte die Stadt nur 700 bis 800 Einwohner.

In Paul Gerhardts Mittenwalder Zeit entstanden die meisten seiner bekannten Lieder. Von seinen Predigten ist jedoch keine erhalten, lediglich die Kirchenbücher, die er von Januar 1652 bis Ende 1665 führte, zeigen seine schöne Handschrift mit der er Geburten, Trauungen und Sterbefälle eintrug.

1657 reiste der mittlerweile 50-jährige Paul Gerhardt wieder nach Berlin. Erst während dieser zweiten der Berliner Zeit wurde Paul Gerhardt überregional bekannt. Als Dichter wurde sein Name durch die stets erweiterten Auflagen der „Praxis Pietatis Melica“ bekannt.

Die Grenze zwischen den beiden reformatorischen Konfessionen hatten die Lieder Gerhards bereits überwunden, als er in den Berliner Kirchenstreit zwischen Lutheranern und Calvinisten verwickelt wurde. Paul Gerhardt verweigerte als strenger Lutheraner am 6. Februar 1666 eine Unterschrift unter das kurfürstliche Toleranzedikt und wurde daraufhin seines Amtes enthoben. Mehrere Parteien, bestehend aus Adeligen und dem Berliner Magistrat, versuchen gegen die Absetzung vorzugehen. Zunächst bewilligt der Kurfürst die Wiedereinsetzung, ohne auf der Unterschrift zu bestehen, tatsächlich amtierte Paul Gerhardt nochmal für kurze Zeit. Da der Kurfürst ihm unmissverständlich klar machte, dass er sich auch ohne Unterschrift an das Edikt zu halten habe, ließ Paul Gerhardt daraufhin die Amtsgeschäfte ruhen. Am 4. Februar 1667 kam es zur endgültigen Amtsenthebung.

Toleranzedikt: Kurfürst Friedrich Wilhelm wurde in Holland erzogen und war mit modernster Rechtswissenschaft und Wirtschaftsführung vertraut. Er legte den Grundstein für den Ausstieg Brandenburg-Preußens. Zudem holte er Hugenotten ins Land. Für seine Unternehmungen hielt er die reformierte Kirchenform für moderner und die Auseinandersetzungen mit der lutherischen Kirche für hinderlich. Er versuchte über eine von oben verordnete Toleranz eine konfessionelle Befreiung zu erreichen, die Mehrheit des Adels war lutherisch.

Im Toleranzedikt wurde es beiden Parteien untersagt, sich mit der Anschauung der jeweils anderen Seite öffentlich auseinander zu setzten. Solche Auseinandersetzungen gehörten jedoch zu den Aufgaben, zu der sich jeder lutherische Pfarrer bei seiner Amtsübernahme verpflichtet hatte.

Mittlerweile verwitwet zog Paul Gerhardt mit seinem siebenjährigen Sohn, dem einzig überlebenden Kind, nach Lübben. Dort amtierte er zwar noch, die Kraft zum Dichten brachte der mittlerweile kränkelnde Gerhardt unter den misslichen Umständen jedoch nicht mehr auf.

Lübben gehörte zu dieser Zeit nach Kursachsen. Er entzog sich so den kurfürstlichen Zwangsmaßnahmen, erst 1815 wurde das Gebiet Preußen zugesprochen.

Am 27. Mai 1676 starb Paul Gerhardt mit 69 Jahren vermutlich an einem Herzleiden. Die Beisetzung fand am 7. Juni 1676 im Altarraum der Kirche in Lübben statt.